Ulme / Rüster

Die etwa 20 bis 25 Ulmenarten sind ausschließlich in der nördlichen Hemisphäre verbreitet, der weitaus überwiegende Anteil in den gemäßigten Klimazonen. Die größte Artenvielfalt (ca. 12) findet sich in Ostasien (China, Japan, Korea); die entsprechenden Hölzer werden vorwiegend lokal genutzt und sind bislang noch ohne wesentliche Anteile auf dem Europäischen Markt. Von den in Europa und Nordamerika heimischen Ulmenarten besitzen jeweils drei aufgrund der Häufigkeit ihres Vorkommens eine überregionale Bedeutung als Nutzholzlieferanten. Strukturbild und technische Eigenschaften dieser Hölzer weichen wegen des ähnlichen Aufbaus nur wenig voneinander ab, so dass keine sichere Unterscheidung der Arten möglich ist. Die Holzfarbe jedoch ist artabhängig variabel und erhält dadurch bei der Aushaltung einzelner Sortimente eine besondere Bedeutung. Im deutschen Sprachgebrauch wird das Holz der Ulmen überwiegend als Rüster bezeichnet.

Stammform

Im Bestandesschluß geradschäftig und zylindrisch, mit astfreien Längen bis 10 m und Durchmessern zwischen 50 und 100 cm; mitunter leicht spannrückig durch kräftige Wurzelanläufe. Im Freistand mit tief angesetzten, breit ausladenden Kronen und entsprechend geringer nutzbarer Schaftlänge

Farbe und Struktur

Splint hellfarbig (gelblich bis hellgraubraun), meist deutlich vom Kernholz abgesetzt; je nach Art schmal bis breit, im Einzelfall bis zu zwei Drittel des Stammquerschnitts einnehmend. Kernholz von hellbraun (z. B. Ulmus thomasii), über graubraun bis rotbraun (z. B. Ulmus rubra) und unter Lichteinfluß nachdunkelnd; an der Kern-Splintgrenze Farbstreifen möglich. Poren im Frühholz grob und zu mehrreihigen Ringen angeordnet (ringporig); Spätholzporen fein und zu meist welligen Bändern vereinigt, die auf Tangentialflächen zwischen den markanten Frühholzfladern eine feine und gezackte Zwischenfladerung ergeben, wodurch ein besonders lebhaftes Holzbild entsteht. Radial dagegen sind nur die Frühholzporen als Streifen deutlich abgesetzt und bestimmen mit den dunklen Holzstrahlen (bis zu 1 mm hohe Spiegel) das Holzbild.

Gesamtcharakter

Durch Früh- und Spätholzporenringe in allen Schnittrichtungen auffällig strukturierte, dekorative Hölzer mit meist breitem Splint und variabler Kernfärbung.

Abweichungen

Krümmungen, Unrundheit, Drehwuchs, Zwieselwuchs, unvollständige Verkernung, Insektenbefall im Splint und unregelmäßiger Faserverlauf, Farbabweichungen sowie Kernfäule (bei alten Bäumen) können Holzqualität und Nutzung beeinträchtigen.

Handelsformen

Rundholz ab ca. 30 cm Durchmesser und 180 cm Länge aufwärts, vorwiegend für die Herstellung von Messerfurnieren. Schnittholz, luft- und technisch getrocknet; Bretter und Bohlen in Dicken von (18-) 50-120 (-150) mm, von 75 mm Breite und 1,80 m Länge aufwärts. Messerfurniere in Dicken von 0,6-1 mm, ferner Parkett und Paneele.

Besondere Sortimente bilden Wurzelmaserknollen und gemaserte Stammabschnitte.

Eigenschaften

Rüster ist ein mäßig schweres Holz (vergleichbar mit Eiche und Buche) mit entsprechend guten Festigkeitseigenschaften. In Abhängigkeit von Art und Wuchsbedingungen streuen die Eigenschaften jedoch, wie bei allen ringporigen Laubhölzern, sehr stark, was bei der Verarbeitung und Verwendung beachtet werden muss. Das Holz ist von grober Textur, außerordentlich zäh und schwer spaltbar, sowie gedämpft sehr gut zu biegen. Es ist mit üblichen Hand- und Maschinenwerkzeugen gut bis befriedigend zu bearbeiten und lässt sich problemlos messern und schälen. In Abhängigkeit von der Wuchsqualität können beim Sägen, Hobeln, Fräsen, Drechseln und Schleifen filzige Oberflächen entstehen. Das Holz lässt sich gut nageln, schrauben und leimen, die Passgenauigkeit sowie Haltbarkeit von Holzverbindungen ist von guter Qualität. Mäßige Schwind- und Quellmaße ergeben ein noch befriedigendes Stehvermögen. Die technische Trocknung muss langsam vorgenommen werden und erfordert eine vorsichtige Regelung, um übermäßige Rissbildung und Verformungen zu vermeiden. Die Resistenz des Kernholzes gegen holverfärbende und holzzerstörende Organismen (Pilze, Insekten) ist mäßig (Dauerhaftigkeitsklasse IV nach DIN 68364) und für eine Verwendung in Feuchträumen sowie ungeschützt im Außenbau nicht ausreichend. Unter Ausschluss von Sauerstoff (z. B. unter Wasser) gilt Rüster als sehr dauerhaft.

Oberflächenbehandlung

Innenverwendung: Alle Arten der Oberflächenbehandlung können angewendet werden, z.B. Beizen, farblose oder pigmentierte Lasuren, Klar- und Farbwachse, naturbelassene Öle sowie transparente oder deckende Lacke.
Außenverwendung: Wegen der nicht ausreichenden Pilzresistenz ist ein Einsatz von Rüster im Außenbereich ohne entsprechende Schutzbehandlung nicht zu empfehlen.

Verwendungsbereiche

Wegen seiner ansprechenden Farbe und dekorativen Maserung wird Rüster in erster Linie als Furnier im Ausstattungssektor für Möbelflächen, Vertäfelungen, Paneele, Türblätter u. a. eingesetzt; als Vollholz für Möbel, Treppen, Stab- und Mosaikparkett, Drechselarbeiten (Möbelteile, Marqueterie), für Werkzeugstiele mittlerer Beanspruchung sowie für Haushaltsgegenstände aller Art.

Austauschhölzer

Rüster ist in der Innenverwendung eine attraktive Alternative für häufig verwendete Ausstattungshölzer wie Eiche (Merkblatt 63), Esche (Merkblatt 88), Sen (Merkblatt 98) und andere, wenn auch nur in begrenztem Maß aufgrund der geringen Verfügbarkeit (siehe Anmerkungen). Andererseits stehen aus gleicher Familie mit dem ostasiatischen Keyaki(Zelkova spp.) und dem Zürgelbaum oder Hackberry (Celtis spp.) aus dem östlichen Nordamerika zwei in Holzbild und -eigenschaften ähnliche Hölzer zur Verfügung, die im Austausch für Rüster sehr gut eingesetzt werden können.

Anmerkungen

Rüster europäischer Herkünfte ist seit geraumer Zeit nur begrenzt verfügbar. Seit den 20er Jahren wird bei Ulmen ein weit verbreitetes Absterben der Bäume registriert, das vermutlich in den Niederlanden seinen Ausgang nahm und sich von dort nach Westen (Nordamerika) wie Osten (Asien) ausbreitete. Ursache für dieses sogenannte Ulmensterben ist eine von Pilzen ausgelöste Krankheit, die von einem Käfer (Ulmensplintkäfer) verbreitet wird. Jahrzehntelange, intensive Forschungsarbeiten in den Niederlanden, USA und Rußland haben mittlerweile sowohl bei der Bekämpfung der Krankheitserreger bzw -überträger als auch bei der Erkennung bzw. Einkreuzung resistenter Sorten einige Fortschritte erzielt. In Verbindung mit begleitenden forstlichen Maßnahmen besteht Anlaß zu verhaltenem Optimismus, dass das Ulmensterben verlangsamt und somit das hochgeschätzte Holz der Holzwirtschaft bzw. dem Handwerk sowie der holzverarbeitenden Industrie weiterhin zur Verfügung gestellt werden kann.